„Children are a Gift from God“
Ausstellung „graz intern“ im Forum Stadtpark.
„Wenn die Grazer in der Gruppe kommen, dann zittern die Flaschen in unserem Haus.“
(Heinz Schafroth)
127 kommen ins Forum Stadtpark, 127 und mehr schöne Stücke bringen sie mit. Dann wissen wir, was das für eine Sorte von einer Kunst, die Grazkunst. Ein Jahr zu früh, wird man fragen? Und schon lange nichts derartiges gesehen, wird man sagen. Jeder kennt jeden, aber keiner … Zeit für Solidarität? Den Künstlern gebührt die Ehre – auch denen, die nicht da sind. Keine Gebrauchsanweisung, keine Lesehilfe – nur eine geballte Ladung Kunst, die wir bewundern.

Weil eine richtige Grazkunst, die ist keine Mausescheiße, die von einem Hund gefressen wird, der dann von einem Lastkraftwagen zusammengeführt werden muss. Und die Grazkunst, die ist aber auch schon überhaupt keine angefressene Leber, die aus einer alkoholisierten Leiche herausgefallen ist … beim Leichenwaschen. Und schon gar nicht ist die Grazkunst für nichts zu gebrauchen …
(Werner Schwab)

Graz-intern
[Vernissage]
Freitag, 14.06.2002 ab 19:00 Uhr, im Forum Stadtpark
[Ausstellungsdauer]
15.06 – 19.07.2002
mit Grind-Cooking Special:
Es gibt Blut-, Brein und Erdäpfelwürste gegrillt mit Sauerkraut
und erstmals einen Kunstbeitrag zur Ausstellung der cooks of grind.


Die Installation der aufblasbaren Sexpuppe Ministrant Hermann mit Verpackung wurde von unbekannten Tätern mutwillig beschädigt! Zwischen 4.7. und 6.7.2002 wurde das Werk der cooks of grind gezielt attackiert! Der Kinderpenis-Aufsatz (aus eingefärbten Silikon) des Prototypen und die Produkt-Schachtel wurde entwendet. Eine Wodka-Flasche wurde dem Surrogat in die Anus-Öffnung gerammt.Jemand mußte sich, unserer Meinung nach von der Darstellung dieses Themas „sexueller Mißbrauch“ angegriffen gefühlt und seine Aggression durch die Zerstörung der Arbeit Ausdruck verliehen haben.So wird die Darstellung eines Opfers Opfer seiner provokant und emotional aufwühlenden These.Neben dem materiellen Schaden ist der ideele nicht zu vergessen.

DER MINISTRANT IM DEMOLIERTEN ZUSTAND:


Fotos: Roman Klug


Modell der geklauten Schachtel.

DER MINISTRANT IM URSPRÜNGLICHEN ZUSTAND:




Fotos: balabuja.com

 

Aufblasbare Sexpuppe Ministrant Hermann mit Verpackung
cooks of grind:
Johannes Konrad
Georg Pacher-Theinburg
Walter Scherz
Alfred Schloyer
Josef Loibner
Roman Klug

Vernissage-Grillen
(Blut-,Brein- und Erdäpfelwurst, Knacker, Sauerkraut und Brot)

„Children are a Gift from God“,Video, 2min30sec (alsWindowsMediaPlayer 3,1 MB)
SeCutters:
Christoph Jocher
Stefan Holzinger

„Denken denken, dachte ich“, denke ich.
Roman Klug, cooks of grind, Graz 2002

1. Der künstlerische Täter
Was macht den Unterschied im Denken zwischen mir, einem Künstler, und einem forensisch-kategorisierten Triebtäter, Infantosexuellen (Pädophilen), wenn ich mir den Satz denke: „Ich ficke einen Ministranten!“? Gibt es etwa qualitative oder partielle Unterscheidungen im Augenblick des Denkens, der Entwicklung einer solchen Phantasie? En gros kann ich natürlich im Sub- und Metatext mehrere selbstreflexive Gedanken-Elemente festhalten, die mir bestätigen, dass ich mich fern jedes Übergriffes bzw. pädophilen Tat wähne, wie beispielsweise, dass ich nicht geil dabei werde, dass ich keinen inneren Wunsch und Drang entwickle, mich einem Kind in dieser Weise zu nähern, dass ich keine ideologische Rechtfertigungssystematik entwickle, um sexuellen Missbrauch an Minderjährigen wie immer zu argumentieren etc. bei gleichzeitiger angst-, hemmungsloser bis zügelloser Ausmalung des Geschehens, en detail kann ich eine Differenzierung schwer ausmachen. Dabei möchte ich vorerst die Gewissensebene, Unterscheidung in Gut und Böse und die moralische Wertung außen vor lassen. Könnte es doch sein, dass allenfalls ein Kindesmissbraucher einen höheren moralischen Maßstab an sich legt als ich an mich, wenn ihm/mir dieser Gedanke kommt.
Im „Wörterbuch der Logik“, wo Denken das „ höchste Produkt der auf besondere Weise organisierten Materie“ und „aktiver Prozeß der Widerspiegelung der objektiven Welt im menschlichen Gehirn in Form von Urteilen, Begriffen und Schlüssen“ ist und weiter über vernetztes Denken, diese „geistige, theoretische Tätigkeit des Menschen,“ darin besteht, „dass der Mensch bestimmte Seiten und Eigenschaften eines im Gehirn widerzuspiegelnden Objektes aufdeckt und sie dann in entsprechende Beziehungen und Zusammenhänge stellt, um ein neues Wissen zu erhalten“, wird meines Erachtens eine auf die logischen Wissenschaften zutreffende, aber auch glorifizierende Begriffsdefinition gegeben. Hier wird quasi dem Denkprozess an und für sich eine aktive Zielsetzung, die des Wissenserwerbs, unterstellt. Aber passiert nicht Denken unentwegt, ist nicht Denken zu einem großen Teil unbewusst oder zumindest unreflektiert? Könnte es nicht sein, dass sich scheinbar frei fabulierendes Treibenlassen als eine Art passives Denken herausstellt? Ich denke mir Denken als Abfallsprodukt eines phlegmatischen Phantasierens. Ohne aktive Steuerung oder Zielstrebigkeit. Das künstlerische Denken versucht ja eben jene konditionierten, tradierten und pädagogischen Mechanismen des Denkens auszuschalten, die eine Grenz- und Tabuüberschreitung unmöglich machen würde. Wäre die kreative Leistung des Denkprozesses nur eine rein kombinatorisch, analytische Vernetzung von Wahrnehmbarem, läge die Kunstproduktion wohl schon in den Händen der sogenannten Positivisten.


2. Die Künstlichkeit des freien Denkens
Im Aktionismus der 60-er Jahre wurde u.a. die herrschenden Denk- und Gesellschafts-modelle der heimgekehrten Vätergeneration angegriffen, ja bekämpft und teilweise zerstört, die auf starre und reaktionär beharrende Wertsysteme des Patriarchats und Nationalsozialismuses bauten. (Man darf nicht vergessen, dass die Nachkriegsgeneration eigentlich sehr gut ohne Männer funktionierte und die Kriegsheimkehrer jetzt ihren Platz teilweise brutal rück erobern mussten.) Im Aktionismus wurde der eigene Leib, der eigene Geist und das eigene Leben in die Kunst überführt, für die Kunst verwendet. Das Unbewusste, Unreflektierte und Verdrängte der Psyche sollte (im Weltekel) hervorgekotzt, ausgeschieden und durchgefickt werden, bis es sich in freies, enttabuisiertes Leben transformiert. Die Grenzüberschreitung der Aktionen dienten zur Erforschung der inneren Zwänge, Ängste und gesellschaftlichen Neurosen und Psychopathologien und schlussendlich zur Überführung in ein neues Sein in Freiheit. Diese radikalen Zerreißproben stießen auf Widerstand, die Künstler wurden kriminalisiert und zu Verbrechern gestempelt, später dann „resozialisiert“ und etabliert.
Was damals freien Willens, ohne Machtgefälle geschah – jeder hatte ja die Möglichkeit bei den Kunst-Aktionen in den 60-er Jahren nicht mitzumachen, nicht hinzuschauen, ja dagegen zu sein – wurde von Otto Mühl später deformiert, indem er seine Leadership innerhalb der Kommune ausnutze und Kunst-Ideologie gestützt sexuelle Übergriffe an Minderjährigen und Behinderten ausführte. Eine mehrjährige Haftstrafe folgte.
Zwänge, rigiden Normen und der Anpassungsdruck werden heutzutage nicht weniger, freilich unter anderen Prämissen wie etwa der Konsum-, Leistungs- und Erfolgsgesellschaft. Reaktionäre Tendenzen versuchen die alten Wertordnungen wiederherzustellen. Die freie Meinungsäußerung ist geduldet, aber nicht überall erwünscht. Minderheitliche Abweichungen werden schnell ausgegrenzt und/oder belächelt. Pluralistische und demokratische Lebensmodelle von engen Personen, die Angst vor Andersartigem haben, als staatszersetzend und zerstörisch gelesen. Dabei wird oft der Wunsch dieser Kreise laut, die moralischen Wertigkeiten pädagogisch zu oktroyieren, quasi in die Hirne der Menschen zu implantieren.
Am besten ist es, wenn dir die innere PFUI-GAGA- oder TUTU-Polizei schon vorher sagt, was du zu denken hast. Das Tun (zumindest erwischen darf man sich nicht lassen), Äußern und Zeigen ist abgesteckt, das Denken kontrolliere bitte nach Perversitäten, Grausligkeiten und Abweichungen und dann merz es aus.
Doch gerade da kann ich als Künstler, wie ich mich sehe, nicht mit – nicht weil es wieder mal um die Freiheit der Kunst geht – sondern weil es meine ästhetisches Denken entspricht, gesellschaftliche Lügen, Tabus und Zwänge zu entlarven, aufzuzeigen und zu thematisieren.